Beitrag Medizinische Fachtermologie im Natonalsozialismus
Metaphorik
und ärztliche Terminologie gingen ineinander über. Manche Ausdrücke werden in
der Gegenwartssprache wieder benutzt, meist sogar unabsichtlich. Publikationen
von NS-Medizinern sind in der Regel in einer neutralen Medizinsprache verfasst.
Viele Ausdrücke wurden verwendet mit verharmlosender Absicht (Omnibus, Königin
der Kampfstoffe)
Tarnbezeichnungen
(für Tabun wurde Gelan, Triton83, T 83 oder D7 verwendet, Zynik
Begriffe aus
dem normalen Leben, die eine Sinnveränderung erfahren
Abgang (=
von nicht verwendbaren Versuchspersonen zur Lazarettbehandlung bzw. zur
Gaskammer)
Abspritzen
(= massenhafte Tötung von Häftlingen durch Herzinjektionen)
Abstellung
(von Häftlingen für Versuchszwecke); man bekam auf Antrag KZ-Häftlingen
„abgestellt“, d.h. zugewiesen
Ärztliche
Visite (= Selektion und anschließende Tötung in der Gaskammer)
Ahnenerbe-Institut
für Hygiene und Pathologie
Aktion 14f13
(1941-1944); bezog sich auf nicht-arbeitsfähige KZ-Häftlinge
Aktion
Brandt (1943-1945); bezog sich auf psychisch Kranke in Krankenhäusern, die
aufgrund regionaler (nicht reichzentraler!) Initiativen in andere Anstalten
verlegt wurden, in denen sie meist starben bzw. getötet wurden. Dadurch sollte
wegen der zunehmenden Anzahl Kriegsverletzter die Bettenkapazität in den
Krankenhäusern erhöht werden.
Aktion T 4
(1940-1941)
Anthropologie:
Merkmale der „Untermenschen“ werden gekennzeichnet
Antidot
(Gegenmittel gegen Senfgas/Lost; hautschädigender chemischer Kampfstoff)
Aufnahme in
die Kinderfachabteilung (Tatort!)
Ausmerzen
nutzloser Esser
Ausmustern
(= geisteskranke Häftlinge werden selektiert und getötet)
Aussonderung
(= Selektion von moribunden Häftlingen)
Ballastexistenz
Bastardbiologie
(Vermischung der „Gauner- und Zigeunernachkommen“ mit den „minderwertigen
Elementen der Stadtbevölkerung“)
Behandlungszeit
(= Dauer der Menschenversuche)
Behandlungszimmer
(= Räume, in denen das „Abspritzen“ erfolgte)
Beobachtungsfälle
Bissulfid (=
Senfgas)
Blutschutzgesetz
(15.09.35)
Cyanose (=
Blausucht, violette bis bläuliche Verfärbung der Haut, der Schleimhäute, der
Lippen und der Fingernägel); Ursache: Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff
„Desinfektion“
= Massentötung in Brandenburg im Januar 1940
Deutschblütig
Deutsche
Lebensreform Bewegung
Deutsche
Medizin
Deutscher
Volksgesundheitsbund
Einschläferung
der Kinder
Entfleischung
(von Leichen) zum Zweck der Unkenntlichmachung
Entlausung
(= Form der Massentötung)
Entwesung
(Arbeitstauglichkeitsuntersuchung)
Epidemiebekämpfung
in Auschwitz (= Vernichtung der Bakterien samt der menschlichen
Bakterienträger)
Eponyme (=
Benennung von Krankheiten nach Ärzten- oder Patienten-/Opfernamen)
Eponyme: Am
8. Juni 2015 fand an der Universität La Sapienza in Rom ein Symposium statt.
Thema: Die Eponyme, also Begriffsbildungen, die auf einen Eigennamen
zurückgehen, sollten beseitigt werden, soweit sie auf die Namen von NS-Ärzten
zurückgehen. Beispiel: Morbus Reiter (reaktive Arthritis), benannt nach Hans
Reiter
Erbbiologie
Erbgesundheitsgerichte
erblich
minderwertige Menschen
Euthanasie
Forschungsgemeinschaft
Deutsches Ahnenerbe
Führerheim
in Auschwitz (= Speisesaal der SS, Veranstaltungsort für Schwänke und
Schulungsabende im Rahmen der „Truppenbetreuung“; es diente auch der
„Geselligkeit“ der SS-Wachmannschaften)
fremdvölkisch
Gehirnmaterial
(das durch Euthanasie gewonnen wurde)
Genesungslager
(= Umschreibung für die Vergasungsanstalt Hartheim)
Genetische
Anomalien (werden von „minderwertigen Rassen“ weitervererbt)
Gesetz zur
Verhütung erbkranken Nachwuchses (14.07.33)
Gesundheitsführung
Gnadentod
(Häftlinge)
verbrauchen (= bei Menschenversuchen umbringen)
Höhenflugforschung
Hydrocephalie
Hyperthermie
(Unterkühlung), darin bestand die Hauptgefahr für ins Meer gestürzte Flieger
Hypoxie
(Sauerstoffmangel)
Hypoxiezeiten
des menschlichen Gehirns
Iatrogene
Infektion mit Fleckfieber
Iatrogene
Infektion von Zwillingen mit anschließender Ermordung und Sektion
(Mengele in Auschwitz)
Iatrogene
Vergiftung (Senfgas), Behandlung durch Wundreinigung
Iatrogene
Verwundung (= Behandlung mit Sulfonamid)
Idiotie
sowie Mongolismus
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft
zur Förderung der Wissenschaften
Kampfbund
für Deutsche Gesundheits- und Rassenpflege
Kaninchen (=
Bezeichnung von Häftlingen im KZ Ravensbrück, an denen Menschenversuche
durchgeführt werden sollten)
Kaninchenoperation
(= Versuch am lebenden Objekt)
Königin der
Kampfstoffe (= Senfgas, „mustard gas“)
Kranke (=
KZ-Häftlinge, an denen Menschenversuche vorgenommen wurden)
Krankenbehandler
(jüdische Ärzte)
Krankengut
(= erkrankte Menschen)
Krankenmorde
Krankenrevier
Kur (=
Menschenversuch)
Lagerarzt
Lähmungen
einschließlich Littlescher Erkrankung
lebensfrische
Gewebe und Organe
lebensunwert
Lost
(Senfgas, benannt nach den Chemikern Lommel und Steinkopf)
Massensterilisation
von Frauen
Menschenbouillon
(= Aufschrift auf Gefäßen, in denen erkaltete Brühe aus Leichenteilen als
Nährboden für die Bakterienzucht aufbewahrt wurde)
Menschenexperimente
Menschenmaterial
Mikrocephalie
Muselmänner
(= KZ-Häftlinge, die infolge von Hunger und Hoffnungslosigkeit wie lebende Tote
aussahen)
negative
Eugenik – Sterilisierung
Neue Deutsche Heilkunde
NS-Ärzte
wollten zur Gesundung des angeblich kranken deutschen Volkes beitragen
Omnibus (=
Unterdruckbehälter zur Durchführung von Höhenversuchen)
Östliche
Kostform (= künstliche Wurst, hergestellt aus den Abfällen von Abwässern bei
der Zellulose-Aufschließung mit Zusatz von einer Leberparfümierung;
Eiweißwurst, die eine Unmenge von Zellstoffteilchen enthielt; führte bei den
unterernährten Häftlingen zu Darmerkrankungen mit einer Todesrate von 70-80 %.
Hunde rührten diese Wurst nicht an.
(Personen)
„abfertigen“ (Viktor Brack) (= kastrieren durch Röntgenstrahlen)
Phosgen (=
Kampfstoff, der die Lungen zerstört)
positive
Eugenik – frühe Heirat
Problem der
„Fortpflanzung minderwertiger Rassen“
Rassenhygiene
Rassenuntersuchung
Rassifizierung
der medizinischen Forschung
Rassische
Zersetzung (Hinwirken auf den Ausschluss von Juden vom Arztberuf)
Reichsarbeitsgemeinschaft
für eine Neue Deutsche Heilkunde
Reichsärzteführer
Reichsausschusskinder
Röntgenstrahlen
(zwecks Kastration)
Sarin (=
Nervengift, der Tod tritt durch Ersticken ein)
Sauna (= Bad
in Auschwitz, wo Häftlinge mit eiskaltem Wasser geduscht wurden)
Schädelmaterial
(von „jüdisch-bolschewistischen Politkommissaren“)
Selektion
Selektion
(der Neuankömmlinge im KZ)
Sendungen =
Überstellung von Leichen
Tabun (= Nervengift, der Tod tritt durch Ersticken ein; Tarnbezeichnungen: Gelan, Triton 83, T 83, D 7)
Tötung durch
Barbiturat (Luminal)
Tötungsfälle
Ungeziefer,
menschliches –
Unterkühlungsversuche
Verbesserung
des Volksbestandes durch das Mittel der Auslese und Ausmerze
Verbrauchende
Forschung (= Menschenversuche)
Verein
Ahnenerbe
Vernichtung
lebensunwerten Lebens
Verpflichtung
zur Gesundheit
Versager (=
Versuchspersonen, die trotz absichtlicher Infizierung nicht erkrankten und
daher den Forschungszweck nicht erfüllten)
Versuchsobjekte
(menschliche -)
Verwirklichung
der „Endlösung“
Verwundetenhilfe
Volksgesundheit
Volksheilkundliche
Verfahren
Volkskörper,
deutscher –
Vorzugsbehandlung
Wehrertüchtigung
Wehrforschung
Wehrmedizin
Wehrmedizinische
Zweckforschung
Werkstoff (=
Leichen, die aus der Anatomie bezogen wurden)
Yperit
(„Ypérite), Senfgas, das die Deutschen erstmals 1917 bei der belgischen Stadt
Ypern einsetzten
Zigeunerbastarde
Zigeunermaterial
„Zur
Schonung nach Auschwitz“ (= Selektierte Kranke wurden direkt in die Gaskammern
getrieben)
Zwangssterilisation
Zwillingsforschung
(wg. Vererbung von Genen)
Zyklon B